Google kommt für den Suchbegriff „User Experience“ ungefähr zu diesem Ergebnis:
User Experience oder UX umfasst alle Interaktionen, Eindrücke, Gefühle und Reaktionen die ein Anwender im Kontext mit einem Produkt oder einer Dienstleistung hat. Üblicherweise geht es um digitale Anwendungen wie Websites oder Apps.
Dies erklärt den Begriff leider nur schwammig. Irgendwie ist UX damit alles und gar nichts.
- Nach welchen Kriterien beurteilt man die Qualität von User Experience?
- Wie schaffe ich ein gutes Nutzungserlebnis bei meinem Anwender? Und wie funktioniert UX Design?
Hier kommen die Elemente der User Experience von Jesse James Garrett ins Spiel. Dieses Buch hat zumindest mir sehr geholfen UX besser zu verstehen. Vor allem hat es mir geholfen die Qualität von Produkten beurteilen und abzuschätzen auf welcher Ebene Probleme mit der User Experience liegen.
Garrett behandelt in seinem Buch, nach eigener Aussage, hauptsächlich die UX von Websites. Das Modell lässt sich aber auch gut andere digitale Anwendungen übertragen.
Die erste Auflage des Buches ist fast schon 20 Jahre alt. In diesem Artikel möchte ich das Modell von Jesse James Garrett vorstellen und die Frage klären, ob es heute noch zeitgemäß ist.
Die 5 Elemente der User Experience
Für Garrett geht es beim UX Design darum Motivationen, Handlungen, Erwartungen und den Kontext seiner Nutzer zu kennen und sein Produkt gezielt darauf auszurichten. Denn Nutzererfahrung passiert immer, die Frage ist nur, ob sie beabsichtigt ist.
Dabei gliedert er User Experience oder User Experience Design in 5 Ebenen – Strategie, Umfang, Struktur, Raster und Oberfläche. Jeweils unterteilt in einen Informations- und Funktionsschwerpunkt. Die Ebenen bauen aufeinander auf, werden also normalerweise von unten nach oben betrachtet.
Jede Ebene schafft Rahmenbedingung und Voraussetzungen für die darüberliegende. Wobei Probleme und Entscheidungen von Ebene zu Ebene konkreter werden.
Ebene #1: Strategie – Nutzerbedürfnisse & Produktziele
Die Strategie legt das Fundament für das Produkt und setzt den Rahmen für alle weiteren Phasen.
Auf der einen Seite steht das Unternehmen mit den Zielen für ihr Produkt.
- Welche Ziele werden mit dem Produkt verfolgt? Wie gliedert sich das Produkt in die Wertschöpfungskette ein?
- An welchen KPIs oder Kriterien kann man gesteckte Ziele messen?
Auf der Seite der Nutzerbedürfnisse geht es darum die Zielgruppe zu verstehen und Angebote zu schaffen, die diesen entsprechen.
- Welche Aufgaben, Intention oder Probleme haben die Nutzer?
- In welchem Kontext oder Prozess wird das Produkt genutzt?
- Welche Kriterien müssen aus Nutzersicht erfüllt sein?
Dies ist üblicherweise die Phase für User-Research, denn oft stellt man fest wie wenig man eigentlich über seine Nutzer weiß.
Am Ende der Strategiephase sollten die Projektbeteiligten eine gemeinsame Vorstellung von Zielen haben. Sie sollten wissen wie sie Mehrwert für das Unternehmen und besonders für die Nutzer erzeugen. Sie kennen Basisanforderungen und grobe Aufwände. Es sind Erfolgskriterien definiert, um gesetzte Ziele zu überprüfen.
Ebene #2: Umfang – Anforderungen an Funktionen & Inhalte
Im nächsten Schritt werden strategische Ziele in benötigte Inhalte und Funktionen übersetzt. Genauere Anforderungen, technische Voraussetzungen und der konkreten Rahmen für das Projekt wird ausgearbeitet.
Bei der Planung von Funktionen besteht oft eine enge Beziehung zu technischen Systemen mit entsprechenden Möglichkeiten und Einschränkungen. Für Inhalte (z. B. Texte, Bilder und Videos) sollte nicht nur der Umfang, sondern auch Erstellung und spätere Pflege betrachtet werden.
Dadurch lassen sich Zusammenhänge erkennen und Aufwände und Risiken besser abschätzen. So kann Arbeit geplant und Aufgaben priorisiert werden.
Ebene #3: Struktur – Interaction Design & Informationsarchitektur
In der Strukturebene werden Inhalte und Funktionen konkretisiert. Garrett stellt hier Interaction Design und Informationsarchitektur gegenüber. Also wie Nutzer mit dem Produkt interagieren und wie das Produkt inhaltlich organisiert ist.
Dabei ist darauf zu achten, dass Organisationsansatz, Benennung und mentales Modell dafür im Sinne der Nutzer sind, also von der Zielgruppe intuitiv verstanden werden. Hier spielen auch Kategorien oder Metadaten eine Rolle, besonders wenn Sortierung oder Filterung ein Schwerpunkt ist.
Ergebnisse dieser Phase sind z. B. Sitemaps und Flowcharts. Die zentralen Pfade durch das Produkt werden festgelegt: Welche Inhalte oder Schritte sind die Wichtigsten und wie sind diese miteinander verbunden.
Ebene #4: Raster – Informationsdesign, Interface Design & Navigation
Auf der Ebene des Rasters oder Skeletts geht um Auswahl, Anordnung und Reihenfolge von Elementen. Sowie der Aufbau einzelner Komponenten. Rahmenelemente wie die Navigationen werden erstellt und funktionale Details werden ausgearbeitet.
Die Aufteilung der Bestandteile wird festgelegt. Es geht hier noch nicht um die fertig gestaltete Seite, sondern um ein Schema oder Gerüst für den Aufbau. Ein Wireframe ist dafür wohl die bekannteste Darstellungsform.
Ebene #5: Oberfläche – Sensorisches Design
Hier findet das Produkt seine Vollendung. Inhalt, Funktion und Ästhetik formen das fertige Design. Dabei geht um die sinnliche Wahrnehmung, bei Websites üblicherweise die optische Ebene. Die Auswahl der Farben, Typografie und das Zusammenspiel der visuellen Elemente. Garrett weist hier auf die Wichtigkeit von visueller Hierarchie und Konsistenz hin. Grundvoraussetzungen für eine effektive optische Orientierung der Nutzer.
Fazit Elemente der User Experience & Nutzerzentriertes Design
Man merkt, das dieses Buch Anfang des Jahrtausends geschrieben wurde. Aktuellere Entwicklungen wie z. B. Lean Start-up oder agile Softwareentwicklung findet man nicht. Dadurch wirkt das Buch nicht mehr wirklich zeitgemäß.
Auch hat sich im User Experience Design als Disziplin seit Anfang der 2000er viel getan. Heute steht nutzerzentriertes Design als iterativer Prozess viel stärker im Vordergrund. Also ein sich wiederholender Prozess, in dem das Produkt immer wieder am oder mit Nutzern getestet wird. Ich persönliche halte gerade das für eine er wichtigsten Voraussetzungen für gute UX.
Dennoch verwende ich das Elemente-Modell regelmäßig aber nicht wegen des Prozesses. Das Modell stellt die Wahrnehmungsebenen von User Experience dar. Das hilft mir, bei der Analyse bestehender Produkte, Probleme einzugrenzen. Dazu zeigt es den Zusammenhang der verschiedenen Entscheidungs-Ebenen und die Wichtigkeit der nicht sichtbaren Faktoren.
Als Fazit finde ich das Buch Elemente der User Experience leider veraltet, für das Modell der Elemente der User Experience selbst gilt das aber nicht. Es ist, meiner Meinung nach, als Perspektive auf die Qualität von User Experience aktueller den je.
Links, Quellen und Bücher
Das Buch: Elemente der Userexperience
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